Newsletter EBG – Juli 2015

Eine Erwiderung der Egger Bürgergemeinschaft zum Beschluss des Gemeinderats Konstanz, im Ortsteil Egg eine Anschlussunterbringung für Flüchtlinge zu bauen


„Egg, egal wo, Hauptsache Egg“
Eine Erwiderung der Egger Bürgergemeinschaft zum Beschluss des Gemeinderats Konstanz, im Ortsteil Egg eine Anschlussunterbringung für Flüchtlinge zu bauen

I. Der Beschluss
In der Gemeinderatssitzung am 23. Juli 2015 wurde von der Fraktion der Grünen entgegen dem Vorschlag der Verwaltung der Antrag gestellt, die Pläne für eine Anschlussunterbringung von 40 bis 50 Flüchtlingen in Egg (sowie 70 bis 80 Flüchtlinge im Zergle-Areal) „baureif zu machen“. Dem Antrag wurde mit den Stimmen der Grünen, der SPD, Junges Forum Konstanz, Linke Liste Konstanz sowie von Susanne Heiß und Anselm Venedey (FWG) stattgegeben. Spätestens März 2016 soll mit dem Bauen begonnen werden.
Die Mehrheit des Gemeinderats verzichtet damit auf die Möglichkeit, alternative Grundstücke zu erkunden, wie vom OB Ulrich Burchardt (CDU) vorgeschlagen wurde. Dazu hätte die Verwaltung eine Zeitbrücke benötigt, die ihr nicht zugestanden wurde. Diese Möglichkeit hätte der Förderbescheid über ca. 1,7 Millionen Euro der grün-roten Landesregierung für die Bauung von Anschlussunterkünften zugelassen. Der „Spielraum“ von neun Monaten bis zum Baubeginn kann bis zu einem halben Jahr auf Antrag verlängert werden, um trotz aller Eilbedürftigkeit etwaige Klärungen vornehmen zu können.

II. Die Vorgeschichte
Die Egger Bürger – und die Gemeinschaft – erfuhren Anfang des Jahres durch Gerüchte davon, dass der Spiel- und Dorfplatz, auf dem nach gültigem Bebauungsplan ein Kindergarten vorgesehen ist, mit einer Anschlussunterbringung bebaut werden sollte. Schon im Dezember 2014 hatte die Stadt offenbar den Förderantrag gestellt, in dem neben Egg das Zergle-Areal als Standort der Baumaßnahme genannt wurde.
In einem im Juni 2015 vom Vorstand der Bürgergemeinschaft Egg erbetenen Gespräc h sagte der zuständige Sozialbürgermeister Dr. Andreas Osner eine Bürgeranhörung zu. Seine Verwaltung erklärte aber auch, dass das Projekt in dieser Zeit „ruhen“ werde.
Wir meinen: Eine angemessene Informationspolitik und Teilhabe sieht anders aus.

III. Bürgerbeteiligung
Auf ihrer Homepage, die sie anlässlich ihrer Bewerbung 2014 um den Bürgermeisterposten in Gaienhofen einrichten ließ, schreibt Dr. Christiane Kreitmeier, die im Gemeinderat die Position der Grünen referierte: „Der offene Dialog mit den Bürgern und ihre Beteiligung an politischen Entscheidungen steht für mich an allererster Stelle“. Diese Prämisse galt bisher auch für ihre Partei. Aber auch die Konstanzer SPD spricht von „Bürgerbeteiligung und Bürgerservice“, ebenso das Junge Forum, auf der Homepage der Fraktion heißt ein Titel „Beteiligung und Transparenz“.
Und was sagt zu diesem Komplex Staatsrätin und Grünen-Politikerin Gisela Erler? Zitat: „Die Landesregierung meint es ernst mit mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung“
Wir fragen: Sind das nur Sonntagsreden?
Keiner von den Damen und Herren des Gemeinderates, die für die Bebauung von Egg gestimmt haben, haben sich die Mühe gemacht, sich vor der Sitzung vor Ort mit den EinwohnerInnen zu treffen und sich auszutauschen. Umgekehrt haben sich die BürgerInnen kundig gemacht über die Flüchtlingsproblematik. Sie waren und sind bereit zu einem „ehrlichen Gespräch auf Augenhöhe“, wie es die Antragstellerin der Grünen, Dr. Chrstiane Kreitmeier, auf ihrer Homepage fordert, aber im politischen Alltag selbst nicht nachvollzieht.
Allerdings: Eine Information der Bürgerschaft seitens der Stadt über das geplante Bauprojekt gab es erst reichlich spät – das Bauvorhaben war beim Besuch der Ortsteile von OB Burchardt umstrittenes Thema. Dabei betonte das der Spiel- und Dorfplatz ein sensibles Thema ist.
Eine Bürgeranhörung gab es jedoch bisher nicht. Die Bürgergemeinschaft Egg hatte mehrfach darum gebeten.
Und sie können‘s doch: Die Fraktion der Grünen im Gemeinderat hat zur vieldiskutierten
Gestaltung der Pappelallee im Tägermoos Ortstermine initiiert, mehrere Experten mit Gutachten diskutiert, eine Diskussion der Thematik monatelang unterstützt. Selbst eine einstweilige Verfügung wurde von Teilen des Gemeinderats auf den Weg gebracht.
Wir meinen: Dabei geht es um Bäume und dies ist wichtig. Aber in unserem Fall geht es um Menschen und vor allem unsere Kinder. Und da stimmen die Gleichgewichte im Gemeinderat nicht mehr!
Wir fragen die Fraktionen der Grünen, SPD, Junges Forum Konstanz, Linke Liste Konstanz und Gemeinderäte der FWG: Warum wollen Sie uns nicht einbinden, um Flüchtlinge nachhaltig zu integrieren?

IV. Ortsteil Egg
Wie viel Kenntnis haben die Gemeinderäte über die Stadt, die sie vertreten? Wir vermuten, dass auch das eine oder andere Ratsmitglied den Spiel- und Dorfplatz, der jetzt bebaut werden soll, noch nicht als ein hoch frequentiertes Begegnungs- und Kommunikationszentrum für unsere Kinder und Einwohner von Egg wahrgenommen hat. Der Spiel- und Dorfplatz ist mehr als eine „Wiese“, wie vielleicht vorgetäuscht werden soll!
Sie ist der einzige Spielplatz, den wir haben für unsere Kinder im Umkreis von mehreren Kilometern. Für den Erhalt des Spiel- und Dorfplatzes werden wir auch weiterhin kämpfen, denn es gibt keinen anderen Ort für einen Spielplatz und zum Beispiel zum Aufstellen eines Festzeltes.
250 BürgerInnen haben sich bislang gegen die geplante Bebauung mit einer Unterschrift
ausgesprochen. Egg ist gewachsen. Das Dorf mit seinen knapp 800 Einwohner hat in den letzten Jahren den größten Zuwachs aller Ortsteile erlebt (plus 51 Prozent seit 2000); Egg hat zudem den höchsten Anteil an Familien mit Kindern unter 18 Jahren (mehr als 29 Prozent). Anders: Von den fast 800 BürgerInnen sind ungefähr 175 Kinder und Jugendliche. Es war die Politik des Gemeinderats, Familien in Egg unterzubringen. Andererseits ist Egg „verdichtet“ worden, ohne das auch nur eine Ausgleichsfläche geschaffen wurde. Die einzige „gelebte“ Grünfläche ist der jetzt in Frage gestellte Spiel- und Dorfplatz.
Und Egg soll weiterhin wachsen. Für Egg-Ost liegen bereits Pläne vor, Stichwort
Handlungsprogramm Wohnen.
Die Egger Bürgergemeinschaft hat immer wieder kommuniziert, dass Egg über keinerlei Infrastruktur verfügt: Keinen Einkaufsladen, keine Gasstätte, keinen Begegnungsraum f ür die Anwohner, keinen Arzt und keine Apotheke. Die nächsten Einkaufsmöglichkeiten sind ca. 3 Kilometer entfernt. Nach Meinung von Fachleuten in der Flüchtlingshilfe und -unterstützung funktioniert Integration nur auf der Grundlage einer vorhandenen und intakten Infrastruktur. Die Verwaltung hatte dieses Kriterium bei ihrer Suche nach Grundstücken auf der Liste. Es ist verloren gegangen bei der Mehrheit des Gemeinderats.

V. Spiel- und Dorfplatz
„Ob dies in derer Ecke von Egg ist oder derer, das ist mir jetzt egal! (Herbert Weber, SPD)“ solle gebaut werden, war die Meinung der Fraktion der Grünen, der SPD und des Jungen Forums. Mit der mehrheitlichen Entscheidung des Gemeinderats wurde März 2016 als Datum für den Baubeginn bestimmt. Der Verwaltung wird mit diesem engen Korsett nicht nur die Möglichkeit genommen, alternative und ortsteilgerechte Lösungen in anderen Konstanzer Ortsteilen zu suchen, sondern auch der Möglichkeit geraubt, diese Suche in Egg fortzusetzen.
Am Ende, so ist zu befürchten, wird die Verwaltung entgegen der Hoffnung machenden Worte von OB Burchardt bei seinem Besuch in Egg wieder auf den Spiel- und Dorfplatz zurückkommen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Wiese in Stadtbesitz ist und die städtische Wohnbaugesellschaft (Wobak) bereits Baupläne dafür hat, die uns gezeigt wurden.
Der Egger Spielplatz – mit Bolzplatz – ist weit und breit der einzige im Umkreis von mehreren Kilometern. Ein Blick in die Broschüre der Stadt „Kind sein in Konstanz – Wegweiser für Eltern“ zeigt dies deutlich. Er wird im Übrigen auch von den Kindern des Universitäts-Kindergartens und von Kindern aus Kindergärten anderer Stadtteilen genutzt, die ihre ersten Ausflüge dorthin machen. Die SPD spricht von „sozialer Stadt“, das Junge Forum von „liebenswerter Stadt“ undhat dabei auch die Kinder und Jugendliche im Blick. Wir können ihnen nicht mehr glauben.

VI. Zum Schluss
Die BürgerInnen von Egg sind von der Mehrheit des Gemeinderats in der Sitzung vom 23. Juli nicht nur in ihren verbrieften Rechten als BürgerInnen in eklatanter Weise beschnitten worden, sondern hier wurden die Probleme eines gesamten Ortsteil ignoriert, um Politik mit der Brechstange zu machen. Und dies bei einem so sensiblen Thema wie der Unterbringung von Flüchtlingen und deren nachhaltige Integration. Für die ortsteilgerechte Unterbringung und die Integration von Flüchtlingen sind wir ausdrücklich bereit, den uns möglichen Beitrag zu leisten.
Uneingeschränkt! Aber bitte bebaut nicht den einzigen Spielplatz für unsere Kinder im Umkreis mehrerer Kilometer und das einzige Interaktionszentrum der Dorfgemeinschaft!
Hier können Sie die gesamte Sitzung des Gemeinderats in öffentlichen Videos nachverfolgen:
http://www.konstanz.de/rathaus/01825/07273/index.html

Gaby Ellegast und Andreas Marx
für die Egger Bürgergemeinschaft

siehe auch: Infosheet Egger Spielplatz